Solidarität jenseits von Grenzen

Solidarität jenseits von Grenzen

Covid-19 – Ein Update zu unseren bestehenden und neuen Projekten

In Zeiten wie diesen stehen wir als Gesellschaft vor vielfältigen Herausforderungen, die weit über unsere Arbeit bei der Phoenix Foundation hinausgehen. Wir wollen hilfsbereit gegenüber den Alten, den Immungeschwächten, den Menschen mit Vorerkrankungen sein. Wollen sie unterstützen, ihnen Mut zusprechen und sie beschützen so gut es geht. 

Gleichzeitig muss auch jenen Menschen Hilfe zuteil werden, die durch die Notfallmaßnahmen in existenzielle Sorge oder gar Lebensgefahr geraten. Arme und Obdachlose, Freischaffende und UnternehmerInnen, Eltern und Pflegende, Opfer häuslicher Gewalt und psychisch Kranke. All jene, die jetzt nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen, Essen besorgen oder die Betreuung ihrer Kinder sicherstellen.

Doch unsere Mitmenschlichkeit darf keinesfalls an der Grenze Deutschlands, oder der Grenze Europas aufhören. Die Kanzlerin hat gesagt “Wir sind eine Gemeinschaft, in der jedes Leben und jeder Mensch zählt.” Steckt in dieser Aussage auch nur ein Fünkchen Wahrheit, dann dürfen wir nicht zulassen, dass Menschen in überfüllten Flüchtlingslagern oder an geschlossenen Grenzen fest sitzen und sich selbst überlassen werden. Die Menschen, die nicht zuhause bleiben können, weil sie kein Zuhause haben, die sich nicht regelmäßig die Hände waschen können, da es kaum frisches Wasser oder Seife gibt, die kein social distancing praktizieren können, weil sie mit tausenden von anderen in Camps leben müssen, die nur für einen Bruchteil davon ausgelegt sind.

Um hier ein Zeichen der Solidarität zu setzen, haben wir uns entschlossen, in Griechenland zwei Projekte für geflüchtete Kinder und Jugendliche langfristig zu unterstützen – die Organisation Action For Education, die auf Samos und Chios tätig ist, und The Home Project, das sich in Athen engagiert. 

Da wir uns nicht ausschließlich auf das Handeln des Staates verlassen können (wie man am Aussetzen der humanitären Aufnahme von Geflüchteten und weiter stattfindenden Abschiebungen deutlich sehen kann) müssen wir als Zivilgesellschaft aktiv werden. Natürlich sieht sich ein jeder in dieser Zeit Herausforderungen gegenüber, die Angst und Unsicherheit hervorrufen. Doch dieser kollektiven Herausforderung können wir nur kollektiv, das heißt grenzen-, schichten-, kultur-, religionsübergreifend, begegnen. Jede/r kann sich fragen: Was kann ich geben? Jede/r kann den eigenen Handlungsspielraum erkunden, ausloten und versuchen einen Beitrag zum Wohle aller zu leisten. 

Wir als Phoenix Foundation versuchen auch in Zeiten der Krise, oder ganz besonders dann, unsere Projekte fortzuführen, zu unterstützen und auf die veränderten Voraussetzungen zu reagieren. Hier möchten wir euch kurz über die Lage in den einzelnen Projekten informieren und euch bitten, uns gerade in dieser schwierigen Zeit weiterhin zu unterstützen und zu spenden. Wir sind uns bewusst, dass sich die Not an allen Ecken und Enden sehr überwältigend anfühlen kann, dass es schlichtweg nicht “machbar” zu sein scheint. Doch außergewöhnliche Herausforderungen erfordern außergewöhnlich Taten. Unsere Herzen sind groß, und unsere Mittel auch. Das Wort Solidarität darf nicht weiterhin zur leeren Worthülse für Kondolenzbekundungen und symbolische Anteilnahme werden. Nur durch unser Handeln wird der Solidarität das Leben eingehaucht.

Unser Überblick:

Phoenix Zeltschule

Im Libanon und damit auch in den Flüchtlingslagern, in denen sich unsere Phoenix Zeltschule befindet, spitzt sich die Lage immer mehr zu. Die Gefahr, dass das Corona Virus ausbrechen könnte, hängt wie ein Damokles Schwert über den völlig überfüllten Lagern. Aus dem Iran, das am schwersten betroffene Land in der Region, kam das Virus bereits im Februar auch in den Libanon. Schritt für Schritt wurde das Land abgeriegelt und das öffentliche Leben lahm gelegt. Diese Situation hat die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Hygieneartikel und medizinischer Hilfe natürlich enorm erschwert. 

Zeltschule e.V. hat sofort alle möglichen Vorkehrungen getroffen, um die Kinder zu schützen. Die Gründerin, Jaqueline Flory, ist sich darüber im Klaren, was für fatale Konsequenzen auch nur eine einzige Ansteckung in einem der Camps hätte. „Social distancing lässt sich in den Flüchtlingslagern nicht umsetzen, da tausende Menschen auf engstem Raum leben. Um (wie empfohlen) 10 mal pro Tag Hände zu waschen, bräuchten wir fast die doppelte Menge an Wasser wie bisher, auch Seifen und Desinfektionsmittel, Mundschutz und Handschuhe stellen enorme Mehrkosten da, während wir parallel in Deutschland einen starken Spendenrückgang verzeichnen müssen, da die Menschen momentan mit sich selbst beschäftigt sind. Unseren Phoenix-Kindern geht es bislang gut, aber nichtsdestotrotz werden die nächsten Monate eine große Herausforderung für alle.” Die Phoenix-Schule benötigt in der aktuellen Situation unsere besondere Unterstützung und zusätzlich 8.500 Euro an Spenden zur Vorbeugung gegen den Virus. 

Phoenix Orphanage Organization

Ganz ähnlichen Schwierigkeiten steht die Phoenix Orphanage Organization in Zigoti, Uganda, gegenüber. Das Land hat den ersten Corona Fall verzeichnet und bereits die Schließung von Schulen, Geschäften, und sogar Tagesmärkten, sowie die Einschränkung von Transportmöglichkeiten veranlasst. Die Beschaffung von Lebensmitteln und sonstiger Grundversorgung ist dadurch enorm erschwert. Auch hier in Zigoti wäre der Ausbruch des Virus fatal: kaum fließendes Wasser, unzureichend Seife oder andere Hygieneartikel, Menschen, die auf engstem Raum miteinander leben und von denen sich viele ohnehin in einem gesundheitlich prekären Zustand befinden. Da auch die Kinder der Phoenix Orphanage Organization nicht zur Schule können, werden sie so gut es geht in den von uns angemieteten Räumen betreut. Mit Essen und Unterbringung sind sie zunächst versorgt, solange der Zugang zu Lebensmitteln nicht noch weiter eingeschränkt wird. 

Ghettokids e.V.

Der Verein ghettokids e.V. bekommt die in Deutschland eingeführten Maßnahmen zur Bekämpfung von Corona natürlich auch enorm zu spüren. Das Engagement für sozial Benachteiligte musste besonders in Bayern aufgrund der Ausrufung des Notstandes in vielen Bereichen beinahe auf Null gefahren werden. Somit musste auch das von uns finanzierte Zentrum der ghettokids in München, so wie alle anderen Vereinsräume, vorerst geschlossen werden. Viele der Kinder und Jugendlichen haben deswegen keine Anlaufstelle mehr und sitzen in ihren meist sehr beengten Wohnungen fest.

Dazu Susanne Korbmacher, die Gründerin von ghettokids e.V.: “Auch digital haben wir nur sehr eingeschränkt Möglichkeiten, die Kids in schulischen Bereichen zu unterstützen, da sie kaum über Computer/Laptops verfügen. Da bleibt oftmals nur der Kontakt über WhatsApp, über die auch ihre Telefonate laufen, da sie über keine Guthabenverträge verfügen. Über diesen Kanal halten wir mit vielen unserer Kids Kontakt und unterstützen sie bei Problemen und in schulischen Belangen (auch bei Prüfungsvorbereitungen) oder ermöglichen / organisieren Einkäufe, wenn zu Hause das Lebensnotwendigste fehlt. (…) Ich möchte mir gar nicht ausmalen, welch existenzieller Druck jetzt schon auf diesen Familien lastet – und wie sich dies auf das jeweilige Familienleben auswirkt. Schlimm, wenn einem die Hände zur effektiven Unterstützung gebunden sind.” 

Action For Education

Action for Education wurde 2018 von einer Gruppe freiwilliger Helfer gegründet, die bereits in den Jahren zuvor Bildungsprojekte für geflüchtete Menschen in Griechenland betreut haben. Die Organisation wurde als die notwenige Antwort auf die entsetzlichen Bedingungen ins Leben gerufen, denen geflüchtete Kinder und Jugendliche auf der Insel Chios ausgesetzt waren. Momentan leitet die Organisation jeweils drei Zentren auf Chios und Samos, die verschiedenen Altersgruppen gewidmet sind, und zum Ziel haben, die Grundversorgung der Kinder und Jugendlichen zu garantieren, vor allem aber auch Gemeinschaft zu bilden, Bildungs- und Freizeitprogramme anzubieten und ihnen bei allen möglichen Anliegen zur Seite zu stehen.

The Home Project

The Home Project ist eine gemeinnützige Organisation, die gegründet wurde, um geflüchtete Kinder, die alleine nach Griechenland kommen, aufzufangen und ihnen einen Neustart zu ermöglichen. Die Kinder werden von den Straßen, Flüchtlingslagern, Polizeistationen und Haftanstalten geholt und in die Sicherheit der insgesamt elf Unterkünfte in Athen gebracht, wo sie ganzheitlich versorgt werden. Dort steht ein umfassendes Programm zum Schutz, zur Grundversorgung und Entwicklung der Kinder zur Verfügung, das letztendlich zum Ziel hat, die Kinder und Jugendlichen in die Gesellschaft einzugliedern.